Die Baupiloten-Methode
Um eine gut nutzbare Architektur entwerfen zu können, in der sich die Menschen wohlfühlen und die ihrem Bedarf entspricht, möchten wir Baupiloten wissen, welche Visionen die Nutzer*innen von dem neuen Gebäude oder über dessen Umbau haben. Welche Raumqualitäten, welche Raumatmosphäre sollen entstehen? Die Nutzer*innen sind Expert*innen für ihre jeweiligen Lebenslage. Unsere Methode ist zielorientiert, aber ergebnisoffen. Wir hören zu, wir beobachten und wir fragen nach.
Wir wollen mit den Nutzer*innen, den Bauherr*innen und den mittlerweile sehr vielen Expert*innen für die vielen Detailfragen des Bauens, der Finanzierung oder der Verwaltung an einem Tisch auf Augenhöhe kommunizieren. Wir begegnen jedem Projekt mit sehr eigenen Instrumenten aus unserem Werkzeugkasten der Methoden. Sie bauen in mehreren Schritten aufeinander auf und wir setzen sie passgenau für die jeweilige Situation ein. Unsere Methoden sind zeitoptimiert. Wir wollen zum Ziel kommen, aber wir wollen auch Spaß daran haben, mit allen zusammen zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen.
Der Architekturentwurf beginnt erst nach dieser Planungsphase.
Partizipation
Die einzelnen Verfahren setzen sich je nach Projekt aus unterschiedlichen Methodenbausteinen zusammen. Daraus ergeben sich individuelle Prozesse, die je nach Zielsetzung, gewünschten Intensität und Tiefe der Auseinandersetzung verschieden lang sein können.
Mit den einzelnen Instrumenten wird die Aufgabenstellung schrittweise präzisiert.
Zum Einstieg setzen wir auf sehr einfache Methoden, um Wünsche zu erfragen.
Es gibt beispielsweise eine „Blitzlicht“-Umfrage, mit der spontane Eindrücke und Wünsche eingefangen werden, oder „Tuschelrunden“, in denen kleine Gruppen diskutieren.
Mit dem „Wünschemobil“ werden Menschen spontan im Untersuchungsgebiet angesprochen, die auf „Wünschepostkarten“ ihre Ideen und Anregungen notieren und zu weiteren Workshops und anderen Aktionen eingeladen werden können.
Eine intuitive Erkundung der Bedürfnisse leisten dann Workshops, bei denen nach gewünschten räumlichen Atmosphären geforscht wird.
Dabei kann in Bildcollagen Atmosphären nachgespürt und ihnen auch Ausdruck verliehen werden und über den Charakter eines Gebäudes kommuniziert und verhandelt werden. Die Teilnehmenden versichern sich dabei ihrer eigenen Wünsche der räumlichen Qualitäten, der Struktur oder auch der Wirkung des geplanten Um- oder Neubaus und sie erfahren die Vorstellungen der anderen Gruppenmitglieder.
Gebäude müssen komplexen Anforderungen gerecht werden, die oft mit sehr unterschiedlichen Ideen für ihre optimale Nutzung verbunden sind. Die Visionen-Verhandlungsspiele, wie dem Schul-Visionenspiel, der Baupiloten bringt alle Baubeteiligten an und alle Vorstellungen auf den Tisch und es fördert zu Tage, wie ein Gebäude im perfekten Leben angelegt sein könnte. Sie können sich schnell über gewünschte Aktivitäten und damit zu verbindende räumliche Atmosphären verständigen. Spielerisch, aber nach genauen Regeln können sie dort ausgehandelt und gleichzeitig Synergien festgestellt werden - ohne, dass die Architektur bereits festgelegt werden muss.
Ergebnisse des Visionen-Verhandlungspiels sind Diagramme, die Funktionsbezüge, Nutzungskombinationen mit den dafür gewünschten Atmosphären aufzeigen. Das Spiel kann in mehreren Gruppen gespielt werden deren Einzelergebnisse dann in der Diskussion auf Überschneidungen überprüft und in ein Gesamtergebnis zusammengefügt werden.
Allein Visionen bauen noch keine Häuser, deshalb schärfen und verhandeln die „Weiter-Denken“-Planspiele“ der Baupiloten die Gedanken der Baubeteiligten über die räumlichen Konzepte der Nutzungen mit den dafür jeweils optimalen Atmosphären.
Ergebnisse sind dann schon konkrete, nicht alleine quantitative, sondern qualitative Raumstrukturen ...
... und Raumprogramme
Die Baupiloten bleiben – wenn dies gewünscht ist – Anwält*innen der Nutzer*innen auch über den Partizipationsprozess hinaus.
Machbarkeitsstudien bauen auf deren Ergebnissen auf und zeigen, wie aus den Nutzungskonzepten und Raumprogrammen optimale städtebaulichen Lösungen und gute Architektur entstehen könnten.
Architektur
Prozessergebnisse fließen aber auch in die konkrete Arbeit an unserer Architektur ein, die dann nach allen Leistungsphase der HOAI (1-9), der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, strukturiert ist. Um zu wissen, ob wir mit den Studien oder unseren konkreten Entwürfen auf dem richtigen Weg sind, haben wir Methoden entwickelt, um die Baubeteiligten auch an diesem Stadium der Planungen teilhaben zu lassen und unsere Ideen mit ihnen rückzukoppeln.
Die Instrumente der Baupiloten sind aber auch so angelegt, dass die erarbeiteten Ergebnisse auch in der Zusammenarbeit mit anderen Architekt*innen weiter verfolgt werden können.
Letztendlich ermöglicht eine partizipative Planung nicht nur eine bedarfs- und nutzungsgerechte Architektur, sie kann vielmehr eine hohe Zufriedenheit von Nutzer*innen und Auftraggeber*innen erreichen und gute Identifikationsmöglichkeiten schaffen, was wiederum die Nachhaltigkeit des Bauens fördert. Es muss nicht oft umgebaut werden. Das Wissen der Nutzer*innen wird zu einer wichtigen Grundlage der Planungen. Die Partizipation hilft bei einer effektiven Entscheidungsfindung, bei der auch Raum oder Geld gespart wird, wenn sich der Bedarf als weniger umfangreich herausstellt als zuvor angenommen. Es kann gezielt im Bestand gebaut werden.
In einer evaluierenden Leistungsphase 10 sollten dann die Gebäude in einem angemessenen zeitlichen Abstand untersucht und baulich angepasst werden.
Handbuch
Das Handbuch „PARTIZIPATION MACHT ARCHITEKTUR“ beschreibt die Baupiloten-Methode detailliert. Es geht der Frage nach, wie Beteiligung und Teilhabe an Planungsprozessen funktionieren kann und demonstriert dies an internationalen, vielfach ausgezeichneten Projekten des Architekturbüros Die Baupiloten. Das Buch bietet Anregung und Anleitung, partizipative Planungsprozesse zu gestalten und richtet sich an alle, denen an einer demokratischen Planungs- und Baukultur gelegen ist.
Das Buch ist auf Deutsch, Englisch, Kasachisch und Russisch erhältlich.
Akademie
In der Baupiloten-Akademie führen die Baupiloten in Schulungen und Seminaren in ihre Methodik ein, erläutern angewendete Verfahren, das Prinzip der Workshops und der unterschiedlichen Methoden-Bausteine.